Rohrammer im Winter rastend auf einer Ackerfläche


Rohrammer

Emberiza schoeniclus


 

Die Rohrammer erinnert in ihrem Aussehen an einen Sperling, weshalb die Art auch als Rohrspatz bezeichnet wird. Im Prachtkleid fallen die Männchen durch ein breites, weißes Nackenband am schwarzen Kopf und weiße Bartstreifen auf.

 

Das Verbreitungsgebiet der Rohrammer erstreckt sich über alle Länder Europas außer Island und reicht im Osten bis nach Japan und Kamtschatka, im Süden bis Israel, den Irak, Nordiran und Mittelasien. Mit 115.000 - 200.000 Brutpaaren in Deutschland gilt die Gesamtpopulation als nicht gefährdet, ist jedoch im Bestandstrend abnehmend. Nach den Roten Listen von Hessen und Baden-Württemberg ist die Ammernart als gefährdet eingestuft.

 

Die Rohrammer ist ein Bewohner feuchter, nährstoffreicher Verlandungszonen von Gewässern, wie Seeufern oder Flussauen mit Großseggen- und Röhrichtbeständen. Ebenso werden Feuchtwiesen und Extensivwiesen, verbuschte Schilfbestände, Niedermoore, schilfbestandene Bruchwaldränder, schilf- und buschbewachsene, wasserführende Gräben und Priele im Grünland- und Ackerbaugebieten, Ton-, Sand- und Kiesgruben besiedelt. Da solche Feuchtlebensräume immer mehr verloren gehen, suchen Rohrammern zunehmend Gärten und landwirtschaftlich genutzte Flächen als Ersatzlebensräume auf.

 

Die Rohrammer hat 1-2 Jahresbruten in der Zeit von Mai bis Juli. Das einem Napf ähnelnde Nest baut das Weibchen dicht über dem Boden oder dem Wasser meist am Rande der Schilfflächen oder im Ufergebüsch versteckt. Sie legt 4-5 (2-6) Eier, die Brutzeit beträgt etwa 14 Tage, die Nestlingszeit dauert 12-14 Tage, nach 15-16 Tagen sind die Jungvögel flügge. Um bei Gefahr vor Fressfeinden die Aufmerksamkeit vom Nest abzulenken, täuscht der männliche Vogel eine Verletzung vor und bewegt sich flügellahm weg vom Nest. Dieses Verhalten bezeichnet man als "verleiten".

 

Während der Brutzeit ernährt die Rohrammer sich und ihre Jungen fast ausschließlich von Insekten, Spinnen, kleinen Schnecken, Larven und Würmern. Danach machen zunehmend Sämereien von Gräsern und Sprösslinge ihre gesamte Nahrung aus. Außerhalb der Brutzeit lebt die Rohrammer gesellig. Im Herbst ist sie auf abgeernteten Mais- oder Getreidefeldern auf Nahrungssuche gemeinsam mit anderen Arten anzutreffen. Rohrammern sind Teilzieher, d.h. einige bleiben über Winter bei uns, andere brechen im Oktober und November zur Überwinterung in den Mittelmeerraum auf. Aus Skandinavien kommende Rohrammern überwintern ebenfalls teilweise in Deutschland.

 

Die hauptsächliche Bedrohung der Rohrammer liegt im Lebensraumverlust durch Grundwasserabsenkung und Entwässerung von Feuchtgebieten. Eine weitere Gefährdungsursache ist die Entfernung von Ufer- und Verlandungsvegetation sowie die intensive und auch zu frühe Pflege und Mahd von Gräben, die zu Brutverlust führen kann. So haben viele Kommunen ihre Grabenpflege aufgrund dieser Beobachtungen so umgestellt, dass im Winterhalbjahr nur einseitig die Grabenränder gemäht werden und auf der anderen Seite Schilfbestände erhalten bleiben, die dann im Winter Schutz und Nahrung bieten und im Folgejahr Brutplätze bereithalten.